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Lesedauer: 5 Minuten
Jan Andrecht
Zuletzt aktualisiert: 15. Juni 2025

Barrierefreie Website Checkliste – Dein umfassender Leitfaden für ein digitales Angebot ohne Hürden

Eine barrierefreie Website ist längst kein „Extra“ mehr – sondern essenziell. Für Menschen mit Behinderung kann das Internet ein Fenster zur Welt sein – vorausgesetzt, es ist ohne Hürden zugänglich. Ob durch Sehbeeinträchtigung, motorische Einschränkungen oder kognitive Besonderheiten: Viele Nutzer:innen sind auf technische und inhaltliche Barrierefreiheit angewiesen.

In einer zunehmend digitalen Gesellschaft gewinnt dieses Thema enorm an Bedeutung. Und nicht nur aus ethischer Sicht: Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das 2025 in Kraft tritt, wird Barrierefreiheit in vielen Bereichen zur gesetzlichen Pflicht. Wer seine Website jetzt entsprechend optimiert, schafft nicht nur Zugang – sondern Vertrauen, Sichtbarkeit und Zukunftssicherheit.

Dieser Beitrag liefert eine umfangreiche Checkliste für barrierefreies Webdesign, beantwortet die wichtigsten Fragen und gibt Ihnen praxisnahe Tipps zur Umsetzung – fundiert, verständlich und mit Blick auf die neuesten Anforderungen.

Die große Checkliste für eine barrierefreie Website (2025-ready)

Technische Zugänglichkeit – Barrierefreiheit beginnt im Code

Die Basis jeder barrierefreien Website ist die Technik. Nur wenn der Quellcode korrekt aufgebaut ist, können Screenreader, Tastatursteuerung und andere Assistenztechnologien funktionieren.

Strukturierter HTML-Code

  • Verwende semantisches HTML: Elemente wie <header>, <nav>, <main> und <footer> helfen Assistenztechnologien, Inhalte korrekt zu interpretieren.
  • Achte auf eine korrekte Überschriftenhierarchie – von <h1> bis <h6>, logisch gegliedert.
  • Formularfelder müssen beschriftet sein, z. B. durch <label>-Elemente mit eindeutigen Zuordnungen.

Bedienung per Tastatur

  • Die gesamte Website – von Navigation bis Formular – muss vollständig ohne Maus steuerbar sein.
  • Eine sinnvolle Fokusreihenfolge (Tabulatorreihenfolge) erleichtert die Navigation.
  • Der Fokusindikator (sichtbare Hervorhebung aktiver Elemente) muss klar sichtbar sein.

Alternativtexte für visuelle Inhalte

  • Alle relevanten Bilder, Icons und Grafiken benötigen präzise Alternativtexte im alt-Attribut.
  • Reine Dekoelemente solltest Du mit alt="" versehen, um unnötige Screenreader-Ausgaben zu vermeiden.

Wahrnehmbarkeit der Inhalte – Klarheit für Augen, Ohren und mehr

Eine barrierearme visuelle Gestaltung verbessert die Lesbarkeit und unterstützt Menschen mit Sehschwächen, Farbenblindheit oder Konzentrationsproblemen.

Farben & Kontraste

  • Halte die Mindestkontrastverhältnisse ein: mind. 4,5:1 für normalen Text, 3:1 für große Schrift.
  • Verzichte auf Farbcodes allein: Ergänze z. B. Fehlermeldungen durch Symbole oder Texte.

Schriftgröße & Skalierbarkeit

  • Texte sollten sich auf mindestens 200 % vergrößern lassen, ohne dass Layout oder Inhalte zerstört werden.
  • Empfohlene Basisgröße: 16 px, mit responsivem Verhalten auf Mobilgeräten.

Untertitel, Transkripte & Audiodeskriptionen

  • Biete für Videos geschlossene Untertitel und ggf. Audiobeschreibungen an.
  • Für Podcasts oder reine Audiodateien sollte ein Texttranskript bereitstehen.

Verständlichkeit und Bedienlogik – Orientierung für alle schaffen

Eine gute Website ist mehr als hübsch – sie ist leicht zu bedienen und klar strukturiert. Gerade für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Lernbehinderungen ist eine verständliche Logik entscheidend.

Einfache und logische Navigation

  • Konsistente Menüstruktur auf allen Seiten
  • „Skip to Content“-Links ermöglichen direktes Springen zum Hauptinhalt
  • Sitemaps und Brotkrumen-Navigation helfen bei der Orientierung

Leichte, verständliche Sprache

  • Verwende kurze Sätze, einfache Worte und aktiv formulierte Aussagen.
  • Fachbegriffe? Erkläre sie – oder besser: vermeide sie.
  • Einführungstexte und Zusammenfassungen am Beginn komplexer Inhalte helfen bei der Erfassung.

Benutzerführung & Feedback

  • Deutliche Fehlermeldungen mit Lösungsvorschlag
  • Bestätigungen nach Formularabsendungen („Deine Nachricht wurde versendet“)

Kompatibilität mit Assistenztechnologien – Zugriff für alle ermöglichen

Viele Nutzer:innen verwenden spezielle Software, um Websites zu bedienen – z. B. Screenreader, Braillezeilen oder Sprachsteuerung.

Screenreader-Kompatibilität

  • Teste Deine Seite regelmäßig mit Programmen wie NVDA, JAWS oder VoiceOver.
  • Nutze ARIA-Rollen (Accessible Rich Internet Applications) gezielt – nicht inflationär.

Weitere unterstützende Technologien

  • Sprachausgabe-Software profitiert von klarer Struktur und semantischem HTML.
  • Sprachnavigation oder Touch-Interfaces sollten unterstützt werden – besonders auf mobilen Geräten.

Offizielle Checklisten & Prüfwerkzeuge – professionell prüfen und umsetzen

Die folgenden Ressourcen helfen dir dabei, deine Website gezielt und systematisch zu überprüfen:

Welche Webseiten müssen bis zum 28. Juni 2025 barrierefrei sein?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 vollständig in Kraft. Ab diesem Datum müssen bestimmte digitale Angebote gesetzeskonform barrierefrei zugänglich sein – aber nicht alle Website-Betreiber:innen sind betroffen. Die detaillierten Anforderungen findest Du im Gesetz und in der begleitenden Verordnung (BFSGV).

Betroffene Anbieter – Wer genau ist verpflichtet?

Du bist verpflichtet, wenn Du als Unternehmen (egal ob juristische oder natürliche Person), Selbstständige:r oder Verein digitale Dienstleistungen oder Produkte für Verbraucher:innen (B2C) anbietest – z. B.:

  • Elektronischer Geschäftsverkehr: Online-Shops, Buchungsportale, Terminvereinbarungen
  • Bank- und Zahlungsdienste: Online-Banking, Kontoverwaltung, Zahlungsdienste
  • Mobilitätsdienste: Fahrkartenbuchungssysteme, Reiseportale, Mobilitäts-Apps
  • Apps oder Softwareangebote für Endverbraucher
  • Selbstbedienungsterminals mit Webfunktion: z. B. Geldautomaten, Ticketautomaten

Wer ist ausgenommen?

Ausnahmen gelten nur in zwei klar definierten Fällen:

  • B2B-Angebote: Wenn sich Deine Website ausschließlich an Geschäftskunden richtet. Die Zielgruppe muss dabei eindeutig erkennbar sein.
  • Kleinstunternehmen: Wenn Dein Betrieb weniger als 10 Beschäftigte hat und weniger als 2 Mio € Jahresumsatz oder Bilanzsumme macht – aber nur, wenn Du im Dienstleistungsbereich tätig bist.

Wichtig: Diese Ausnahmen gelten nicht automatisch. Du musst sie im Zweifelsfall nachweisbar begründen und dokumentieren.

Übergangsfristen – gilt das BFSG sofort für alle?

Für Websites und Online-Shops gilt keine Übergangsfrist: Sie müssen ab dem 28. Juni 2025 vollständig barrierefrei sein.

Bei produktbezogenen Dienstleistungen (wie Geldautomaten oder Lesegeräten), die vor dem Stichtag in Betrieb genommen wurden, gelten teils längere Fristen – bis 2030 oder 2040, je nach Gerätetyp.

Was droht bei Nicht-Erfüllung?

Die Einhaltung des Gesetzes wird von Marktüberwachungsbehörden kontrolliert.

Mögliche Sanktionen:

  • Bußgelder
  • Einstellung des Angebots
  • Verbot der Nutzung

Zusätzlich musst Du eine Barrierefreiheitserklärung auf Deiner Website veröffentlichen. Diese muss auch auf bestehende Barrieren hinweisen und ein Verfahren für Barrierefreiheitsbeschwerden enthalten.

Wie erkennst Du, ob eine Website barrierefrei ist?

Die Frage, ob eine Website barrierefrei ist, lässt sich nicht pauschal beantworten – aber es gibt verlässliche Prüfmethoden, die erste klare Hinweise liefern. Besonders für den Einstieg oder regelmäßige Quick-Checks sind automatisierte Prüf-Tools ein unverzichtbares Instrument.

Automatisierte Barrierefreiheits-Tests: Schnell, objektiv, aber nicht vollständig

Diese Tools analysieren Deine Website auf technische Barrieren, die sich automatisiert erkennen lassen. Dazu zählen z. B. fehlende Alternativtexte, falsche Überschriftenhierarchien oder ungenügende Farbkontraste.

Empfehlenswerte Tools im Überblick:

  • Google Lighthouse
    In Chrome integriert – liefert einen Accessibility-Score und zeigt konkrete Verbesserungsvorschläge (z. B. Fokus-Indikatoren, HTML-Strukturfehler) - alternativ als Browser-Erweiterung erhältlich
  • WAVE Web Accessibility Evaluation Tool
    Visualisiert Barrieren direkt auf der Seite, farblich markiert. Ideal für Redaktionen und Nicht-Entwickler:innen.
  • axe DevTools
    Entwickelt von Deque Systems – sehr präzise und in der Entwicklercommunity anerkannt. Als Chrome/Firefox-Erweiterung verfügbar. - Zur Chrome Erweiterung - - Zur Firefox Erweiterung -
  • Siteimprove Accessibility Checker
    Besonders geeignet für größere Webseiten oder Organisationen mit Qualitätsmanagement.

Alle genannten Tools lassen sich ohne tiefes technisches Wissen nutzen und sind (teilweise in der Basisversion) kostenlos.

Wichtig zu wissen:

Automatisierte Tools decken in der Regel nur rund ein Drittel aller möglichen Barrieren ab – insbesondere technisch erkennbare Fehler. Sie liefern also eine wichtige Grundlage, aber kein vollständiges Urteil über den Barrierefreiheitsgrad Deiner Website.

Was darüber hinaus nötig ist

Manuelle Prüfungen – z. B. durch Tests mit Tastaturnavigation, Screenreadern oder echten Nutzer:innen mit Behinderung – sind unerlässlich, um Usability, Verständlichkeit und Nutzererlebnis wirklich beurteilen zu können.

Fazit: Jetzt Barrieren abbauen – für mehr Reichweite und Menschlichkeit

Barrierefreiheit ist kein Randthema mehr – sie wird zum zentralen Bestandteil moderner Webentwicklung. Ob gesetzliche Vorgabe oder aus Überzeugung: Eine barrierefreie Website ist ein starkes Zeichen für Inklusion, digitale Qualität und Weitblick.

Nutze die bereitgestellten Checklisten, lass Deine Seite testen und gehe schrittweise vor. So schaffst Du einen digitalen Ort, der alle Menschen einlädt – nicht ausschließt.

Inhaltsverzeichnis
Jan Andrecht
Web & SEO Experte
Mein Ding: durchdachtes 
Webdesign und ehrliche SEO 
– Tag für Tag.
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